Angedacht von Pastorin Angela Thies

Nachricht 01. Mai 2021

Achtung! Ausschlagende Bäume!

 

Von Pastorin Angela Thies, Steyerberg

Lotta ist fast drei. Sie singt gerne. Gerade hat sie für sich das Lied „Der Mai ist gekommen“ entdeckt und in ihre Vortragsreihe mit aufgenommen. Es war bereits das Lieblingslied ihrer Uroma.

„Der Mai ist gekommen, die Bäume schlagen aus.
Da bleibe wer Lust hat, mit Sorgen zu Haus.
Wie die Wolken dort wandern am himmlischen Zelt,
so steht auch mir der Sinn in die weite, weite Welt.“

Der Wanderschlager von 1843 hat die letzten Generationen eher übersprungen, aber nun hat er das Zeug ein Trendsetter zu werden. Besonders an diesem 1. Mai 2021. Es würde mich gar nicht wundern, wenn mir heute Menschen mit diesem Lied auf den Lippen mit Rucksäcken und Wanderstöcken im Steyerberger Pfarrbusch begegnen. Wenn schon nicht die weite Welt möglich ist, dann doch wenigstens die Weite vor der eigenen Haustür. Ob zu Fuß oder mit dem Fahrrad, allein oder mit einer Kontaktperson, der Sinn, die Sehnsucht danach ist groß. Schon so lange sind wir sorgsam und bleiben zuhause, gerade weil wir uns Sorgen um uns und andere machen.

Lotta hat gut Singen. Für sie stellt Corona keine besondere Herausforderung dar. Sie hat alles, was sie braucht, die Menschen, die ihr wichtig sind um sich herum. Und sie kann das tun, was sie am liebsten tut: draußen herumstromern, Stöcke sammeln, in Pfützen springen. Vielen anderen bleiben fröhliche Lieder gerade eher im Hals stecken, mal ganz davon abgesehen, dass Singen sowieso gar nicht erwünscht ist wegen der Aerosolgefahr.

Der Monatsspruch für den Mai heißt: „Öffne deinen Mund für die Stummen, für das Recht aller Schwachen!“ (Sprüche 31,8)

Bei der Gedenkfeier für die Corona-Verstorbenen in Berlin waren es Angehörige, die ihren Mund öffneten. Sie sangen nicht, aber sie appellierten eindringlich: „Halten Sie durch!“ Gemeint sind wir alle, nämlich mit der Sorgsamkeit. Sie, die Schlimmes erlebt hatten, öffneten ihren Mund für die, die darauf angewiesen sind, auch jetzt noch.

Gott sei Dank machen immer irgendwo Menschen ihren Mund auf, auch stellvertretend für die, die müde und sprachlos geworden sind. Gott sei Dank gibt es Lottas, die mir auch noch die Botschaft der letzten Strophe des Wanderliedes zusingen: „Da singet und jauchzet das Herz zum Himmelszelt:
Wie bist du doch so schön, o du weite, weite Welt!“

Dankbar bin ich, dass ich wenigstens raus darf. Dort kann ich gerade regelrecht zusehen, wie die Bäume gefahrlos ausschlagen, die Natur zu leben beginnt und mir zeigt, mein Schöpfer hat eine Schwäche für das Leben.

Ihre

Angela Thies, Pn.

Kontakt

Pastorin Angela Thies
Rießen 1
31595 Steyerberg
Tel.: 05764/473
Mobil: 0152/23611678