Angedacht von Pastor Jens Mahlmann

Nachricht 03. Juli 2021

Tor

 

Von Pastor Jens Mahlmann, Nendorf und Raddestorf

 An was Sie denken, wenn Sie den Titel lesen, weiß ich nicht. Ein bloßes „Tor“ steht mehreren Bedeutungen offen. Das oder der, je nachdem. Das Tor ist eine Öffnung, durch die in Hof und Haus gelangt, wer hineinwill und was hineinsoll. Freilich darf von jeher nur hinein, wen der Torhüter nach seinen Regeln hindurchlässt. Wer ihm nicht passt, bleibt draußen vor dem Tor am Lindenbaum. Es gibt sogar eine Art von Tor, bei der sich der Gedanke des Tores geradezu in sein Gegenteil verkehrt. Der Hüter will gar nichts durch dieses Tor hineinlassen. Alles, was in ein Tor  will, hat draußen zu bleiben. Zumindest aus seinem eigenen.

Und hier kommt nun der Tor ins Spiel. Der Tor begreift die Regeln der Welt, des Lebens und des Spieles nicht. (Oder begreift er sie besser?) Er verhilft zum Beispiel dem Ball in das eigene Tor hinein, obwohl alle (einschließlich des Tor-Schützen selbst?) der festen Überzeugung anhängen: der gehört da nicht hin(ein). Ein solches Handeln gegen die Regeln nennt man dann Torheit. Früher wenigstens. Heutzutage finden wir ausdrucksvollere Worte dafür.

Freilich hängt die Einschätzung, was „Torheit“ sei, auch vom Standpunkt ab. Gehört etwa der Ball in dieses Tor hier hinein oder nicht? „Ja, denn es ist euer Tor“, sagen die von der anderen Seite. „Nein“, sagen die Hiesigen, „denn es ist unser Tor.“ „Es ist doch aber ein Tor, und ein Tor ist ein Tor. Wo sollte ein Ball sonst hinein?“, fragt der Tor. Und alle schütteln den Kopf über solche Torheit.

Gehört Gott an ein Kreuz? „Um Himmels willen: Nein! Das bräche alle Regeln, mit denen wir Gott bestimmen. Erhaben! Unnahbar! Allmächtig! Unberührt von jedem weltlichen Getriebe! Wir wollen zu ihm aufblicken, nicht auf ihn herab! Er soll uns erheben, nicht sich zu uns erniedrigen!“, schütteln die einen ihr Haupt und verrammeln ihr Tor.

„Er ist doch aber Gott, egal, wie er uns aufsucht, und wo. Warum sollte er nicht dort hingehören, wo Menschen ihn mehr als alles andere brauchen?“, sinnt der Tor. Und Paulus nickt: „Das Wort vom Kreuz ist eine Torheit denen, die verloren werden; uns aber, die wir selig werden, ist es Gottes Kraft.“

Ihr

Jens Mahlmann, P.

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