Man sieht sie erst, wenn man ganz nah herangeht: die Füße auf dem Schnitzaltar der Wiedensahler Kirche. Sie haben richtig gelesen: Füße!
Der Schnitzer des 1699 entstandenen Altars hat die Jünger Jesu mit nackten Füßen dargestellt. Sie sitze um einen Tisch und halten ihr letztes gemeinsames Abendmahl. Jesus hat gerade ein Stück Brot in die linke Hand genommen, mit der rechten Hand segnet er es. Judas sitzt mit am Tisch – wir sehen ihn im Vordergrund, der zweite von rechts. Mit der linken Hand hält er seinen Geldbeutel fest. Daran erkennen wir ihn.

Die nackten Füße erzählen, was nicht mit abgebildet ist: gerade eben noch hat Jesus seinen Jüngern die Füße gewaschen. Er hatte das Festmahl unterbrochen, hatte seine Oberbekleidung abgelegt und einen Schurz umgegürtet und dann seinen Jüngern einem nach dem anderen die Füße gewaschen. Das löste eine rege Diskussion aus. Füße waschen ist doch Drecksarbeit. Das ist Arbeit für Dienstboten. Jesus besteht darauf. Er will ein Dienstbote sein. Ein Diener. Jesus ist der Herr, aber als Herr will er dienen.

In diesen Tagen ist die Drecksarbeit auch noch gefährlich geworden. In Krankenhäusern und Heimen und in der ambulanten Pflege müssen Schwestern und Pfleger, Ärztinnen und Ärzte Menschen anfassen, waschen, pflegen. Sie können sich dabei anstecken. Jesus hatte sich einen Schurz umgebunden. Die Pflegenden heute müssen Schutzkleidung tragen, demnächst auch die Friseurinnen und Friseure. All diese Menschen dienen. Die Gesellschaft sieht allmählich, dass diese Dienerinnen und Diener viel zu schlecht bezahlt werden. Wir alle merken neu, wie dankbar wir sein müssen für ihren Dienst. Und in dem Dienst all dieser vielen Menschen, die tagtäglich oft über ihre Belastungsgrenze arbeiten, spiegelt sich der Liebe Gottes wider. Sie tun den Dienst, den Christus an seinen Jüngern getan hat. Daran erinnern die nackten Füße auf dem Wiedensahler Altarbild.