„Das Prinzip Hoffnung“
Von Pastor Karsten Gelshorn, Stolzenau und Schinna
„Wenn es nicht für alle reicht, springen die Armen ein.“ Dieser Satz des Philosophen Ernst Bloch (1885–1977) ist jetzt über achtzig Jahre alt. Er bestätigt sich leider immer wieder. Bloch hatte ein gutes Gespür für die gesellschaftliche Wirklichkeit. Der aus einer jüdischen Familie stammende Philosoph war zweimal Emigrant – im ersten wie im zweiten Weltkrieg. Und schließlich hat er auch die DDR verlassen, nachdem man ihm dort Lehrverbot erteilt hatte. Bloch machte sich nie gemein mit dem, was man angeblich denken, glauben oder hoffen soll. Er dachte selbst. Er hoffte anders. Sein großes Werk „Das Prinzip Hoffnung“, anfangs im Exil in den USA geschrieben, beweist das.
Wenn es nicht für alle reicht … dann ist es eben nicht so, dass die Güter gerechter verteilt werden und die Oberen den Unteren etwas abgeben. Im Gegenteil. Viele Obere haben ihre Schäfchen schon im Trockenen und bestehen sogar noch auf den Bonuszahlungen der Firma, die sie vor Kurzem heruntergewirtschaftet haben. Wer da auf Einsicht und Mitgefühl hofft, kann lange warten. Bloch hofft anders. Wenn es nach ihm geht, müsste ein wenig nachgeholfen werden, damit Menschen zur Einsicht gelangen. Gerechtigkeit kommt selten oder nie aus der Mitte der Gesellschaft, weiß Bloch. Wenn es ernst wird, müssen immer nur die Armen einspringen, den Gürtel (noch) enger schnallen und auf bessere Zeiten warten. Die Reichen und Gesicherten werden leicht taub.
Weil sich viele dessen bewusst sind und nicht lange warten wollen, gibt es Misereor, Adveniat, Brot für die Welt und Hoffnung für Osteuropa. Gerechtigkeit ist eine Sache der Glaubenden, auf Gott Vertrauenden. Die teilen leichteren Herzens. Weil sie wissen: Was ich habe, ist Gnade; was ich teile, ist Gerechtigkeit.
Es grüßt Sie herzlich,
Ihr
Karsten Gelshorn, P.