… nach Erntedank
Von Pastor Andreas Dreyer, Landesbergen
Die Erntegaben verbleiben bei uns traditionell auch bis zum Sonntag danach im Altarraum unserer Kirche. Zu groß ist stets die vorbereitende Mühe, zu schön der Anblick des liebevoll gestalteten Ensembles an Obst, Gemüse, Getreide usw., als dass es bloß für die eine Stunde am Erntedanktag zu sehen sein soll. In normalen Zeiten gehört sicherlich auch das Nach-vorne-Kommen, das Berühren der Früchte, das Mitnehmen einzelner Gaben mit dazu: kann ich bitte diesen Zierkürbis haben? - Ob es so oder so ähnlich auch morgen wieder sein wird?
Bei aller Beschwernis und Einschränkung bringt doch die Corona-Zeit eben auch Nebeneffekte mit sich, die in diesem Zusammenhang bedenkenswert erscheinen und mit Erntedank zum Vorschein kommen. Menschen widmen sich wieder mehr den Themen Garten, Natur, Landwirtschaft. ‚Mein Garten sah noch nie so ordentlich aus wie jetzt, einfach weil so viel anderes wegfiel und ich plötzlich Lust zur Gartenarbeit hatte‘, so ein Kollege. Andere erzählen mir davon, dass sie das Marmeladekochen oder selbst das Gemüse-Einmachen wiederentdeckt hätten. Sogar junge Leute trifft man überraschenderweise beim Pilzesammeln im Wald - und kommt mit ihnen darüber ins Fachsimpeln. Und nicht zuletzt das Fahrradfahren durch Feld und Flur erlebt auf einmal einen regelrechten Boom, auch dank der heute weitverbreiteten E-Bikes. Stehen wir also gar vor einer Renaissance längst vergangener und abgetan geglaubter Dinge?
Vielleicht nicht ganz, aber diese Wiederentdeckung dann noch nicht ganz vergessener Traditionen überraschte mich jedenfalls in diesem Sommer positiv und war auch nicht in diesem Maße zu erwarten. Denn so erfreulich das vielfältige Angebot der Geschäfte auch sein mag, das Wachsen und Gedeihen der guten Gaben selbst miterleben zu können, ist, so hoffe ich, gerade auch für Kinder, aber eigentlich für uns alle eine wunderbare Lernerfahrung. Und auch dies: so schön die digitale neue Welt auch scheinen mag, das wahre Leben bewegt sich doch auf einer anderen Ebene. Nämlich dort, wo wir uns - und andere - als Teil der Schöpfung erleben dürfen und darin die Liebe Gottes zu seiner wunderbaren Welt erkennen können.
Ihr
Andreas Dreyer, P.