Wer braucht sie noch?
Von Pastor Gerdhad Schlake, Steyerberg
Wer braucht heute noch die Kirche? Nein, ich meine mit dieser Frage nicht die Kirche als Gebäude, das oft schon seit Jahrhunderten unser Ortsbild prägt. Das soll bitte auch noch lange so bleiben – meinen sehr viele – egal ob sie der Kirche angehören oder nicht. Nein, ich meine die Kirche als Gemeinschaft der Glaubenden.
Wer braucht so etwas – eine Gemeinschaft für den Glauben? Heute haben sich Glauben und Religion in das Private zurückgezogen. In den Bereich meines Lebens über den ich höchstens mit meinen engsten Freunden oder meiner Familie rede. Häufig wird heute nicht einmal mehr mit ihnen über die innersten Beweggründe und religiösen Gefühle gesprochen. Oft erfahren so meine Angehörigen erst von meinem Kirchenaustritt, wenn sie nach meinem Tod vom Pfarramt erwarten, dass ich christlich bestattet werden sollte. Nein, mein Glauben und meine Haltung dazu ist nichts für die Allgemeinheit und auch nichts für eine Gemeinschaft derer, die da glauben.
Denn das bedeutet das Wort Kirche in seinem griechischen Ursprung: Kyriake sind „Die zum Herrn gehörenden“. Andere biblische Begriffe sind die Herausgerufenen oder die Versammelten.
Aber brauche ich für meinen Glauben die Kirche, andere Glaubende? Ich denke schon. Und das nicht erst dann, wenn es mir schlecht geht und ich Hilfe von anderen Menschen erbete. Ich brauche diese Gemeinschaft auch dann, wenn es mir gut geht. Denn geteilte Freude ist bekanntlich doppelte Freude und geteiltes Leid nur halbes Leid.
Jesus selber hat seinen Nachfolgern versprochen, da wo zwei oder drei in seinem Namen zusammenkommen, dass er da selber mitten unter ihnen sei. Und genau diese Nachfolger, denen er seine Nähe versprochen hat, sendet Jesus wiederum zu anderen Menschen, dass sie auch diesen von ihm und seiner Botschaft etwas weitersagen. Das „Gehet hin in alle Welt“ gilt nicht nur ausgebildeten Missionaren oder kirchlichen Hauptamtlichen, sondern allen Christen.
Glauben kommt durch das Hören. Doch wie soll ich glauben (= Gott vertrauen), wenn ich nichts von ihm höre oder gehört habe. Dazu braucht Gott seine Kirche, seine Menschen, die zu ihm gehören und er nimmt sie als Sprachrohr für andere, die noch nichts oder lange nichts mehr von ihm gehört haben. Dazu braucht er die Gemeinschaft derer, die gemeinsam auf dem Weg sind und sich gegenseitig stärken und helfen. Ja, das brauchen wir heute mehr denn je.
Gerhard Schlake, Pastor in der St. Katharinen-Kirchengemeinde Steyerberg