Angedacht von Pastor Dr. Joachim Diestelkamp

Nachricht 08. Februar 2020

James Bond in Paris

Von Pastor Dr. Joachim Diestelkamp, Loccum und Wiedensahl

Ich habe mich wie in einem James Bond Film gefühlt, nur dass ich den Film nicht im Kino sah, sondern als Statist mitgewirkt habe. Ich saß auf dem Hintersitz eines Motorrollers. Zwischen dem Fahrer und mir war mein Koffer eingeklemmt, in der Box hinter mir mein Rucksack eingeschlossen. Es ging in einem Affenzahn durch Paris vom Ost-Bahnhof zum Bahnhof Montparnasse. Wir fuhren über rote Ampeln, Einbahnstraßen verkehrt herum, jagten durch winzige enge Gassen, fuhren zeitweise wild hupend über Bürgersteige und durch einen Wochenmarkt. Mein Fahrer versuchten Polizeisperren zu umgehen oder zu durchfahren… manchmal fuhren wir auf der Gegenfahrbahn und zwischen die Autos rechts von uns und die entgegenkommenden passte nicht mehr als eine Handbreite. Beim Bahnhof Montparnasse angekommen präsentierte mir mein Fahrer die Rechnung: 198 €. Ich dachte er macht einen dummen Witz.

Was war geschehen? Als mein Zug aus Karlsruhe in Paris eintraf, war die gesamte Innenstadt voller Demonstrationszüge. Es schien, als ob ganz Paris auf den Beinen war, um wieder einmal gegen die Rentenpläne der Regierung zu protestieren. Die Metro fuhr nicht, Taxis konnten faktisch nicht fahren, da bot mir eben jener Motoradfahrer an, mich dennoch zügig zum nächsten Bahnhof zu bringen. Auf meine Frage, was das den koste, erwiderte er bloß: Er sei ein legales Motoradtaxi und zeigte mir etwas, das wie in Taxameter wirkte (nachher sah ich, es war ein Navi). Nun ja, was er mir zu Beginn der Abenteuerfahrt nicht gesagt hatte, war der horrende Kilometerpreis den er zu nehmen gedachte. Ich konnte ihn am Ende auf 150 € herunterhandeln. Mehr ging nicht, er hatte meinen Rucksack in seinem Case eingeschlossen. Da war mein Laptop drin, den Verlust wollte ich nicht riskieren.

Ein schlaues Kerlchen, der Typ. Hat einen Weg gefunden aus dem wochenlangen Streik in Frankreich gutes Kapital zu schlagen. Ausländer kann man sicherlich besonders gut übers Ohr hauen. Aber warum in aller Welt machen Menschen das: andere so übel ausnehmen? Ist es Kitzel? Ist es Raffgier? In der Bibel steht ziemlich zu Anfang: „Die Gedanken und Taten des Menschen sind böse von Jugend auf.“ (1. Mose 8,21). Eine sehr deprimierende Feststellung.

In der Bibel steht aber auch der Satz: „Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen, aber Gott gedachte es gut zu machen“ (1. Mose 50,20). Wenn ich meine Geschichte recht betrachte, dann trifft das auch auf mich zu. Trotz Streik und Demo-Chaos bin ich am Ende mit nur einer Stunde Verspätung bei meiner Tochter in Rennes angekommen. Und ich hatte ein tolles Abenteuer. Wer darf schon einmal live in einem James Bond Film mitspielen? Und das verlorene Geld? Meine Schwiegermutter sagte immer: „Ist doch nur Geld“. Recht hat sie.

Joachim Diestelkamp, Loccum

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