Angedacht von Pastor Dr. Burkhard Meyer-Najda

Nachricht 10. Februar 2024

»Welch eine Ehre, Herr Dompfaff!«

von Dr. Burkhard Meyer-Najda, Pastor in Uchte

Hoher Besuch ist eingetroffen. Ein kardinalsrotes Gewand umschließt ein gut gerundetes Bäuchlein. Auf dem Kopf trägt Hochwürden eine schwarze Kappe. Vorsichtig und gleichzeitig vornehm begibt er sich an den gedeckten Tisch und beginnt mit dem Schmaus. Sogar seine Frau hat der hungrige Esser mitgebracht. Die ist genauso wohlbeleibt, aber bescheidener in einem gedeckten Federkleid erschienen. »Welcher Name ziert denn Ihre imposante Erscheinung?«, frage ich den Herrn höflich. Der Gast hält nur den Kopf schief und futtert weiter. Natürlich kenne ich ihn. Wohlklingend ist sein Name in den alten Sprachen: Pyrrhula rubricilla. Aber alle nennen ihn nur den »Dompfaff«. Herr und Frau Dompfaff leben normalerweise scheu und zurückgezogen im Gebüsch. Heute aber halten sie einen bischöflichen Festschmaus in meinem Vogelhaus. Sichtbar schmeckt es beiden. Zum Abschied lässt er sein kleines Lied erklingen. Bescheiden, nur ein melancholischer, leicht schräger Pfiff. Dann prüft er mit kräftigem Schnabel im nahen Apfelbaum, ob die ersten Knospen als Dessert taugen und fliegt seiner Frau hinterher. Das Ziel wird seine Kathedrale aus Ästen und Zweigen sein. Warum erzähle ich von dem gefiederten Amtsbruder mit seiner lieben Frau? Er ist mir einfach sympathisch. Er ist bescheiden, spuckt keine großen Töne – und isst genauso gern wie ich. Er macht seine Sache, tanzt nicht auf jeder Hochzeit, ist aber nicht zu übersehen, wenn er sich denn zeigen will. Ich denke zurzeit viel über die Kirche und uns menschliche, große und kleine Dompfaffen und Dompfäffinnen nach. Viel ist schiefgelaufen. Zu allem möglichen Themen predigen wir Moral und halten uns für weise. Und dann kommen Missbrauch und Gewalt ans Tageslicht. Wie bitter treffen da auch die Worte des Propheten Amos aus der Bibel. Er steht vor einem damaligen Tempeldom und sagt Gottes Wort: »Ich hasse und verachte eure Feste und eure Versammlungen kann ich nicht riechen. Tue weg von mir das Geplärr deiner Lieder. Recht aber ströme wie Wasser und Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach!«

Mein lieber Herr Pyrrhula, von Ihnen kann man was lernen. Die Bescheidenheit und ihren stillen Dienst. Nicht von ungefähr wird seit alter Zeit erzählt, dass Ihr Schnabel so stark ist, weil einer Ihrer Vorfahren die Kreuzesnägel aus den Wunden Christ herauspicken wollte. Hilfe für den ungerecht leidenden Gottessohn wollten Sie bringen. Das Blut des Heilandes färbte die Federn rot. Daran erinnert der fromme Vogel. Beehren Sie uns bald wieder, Herr Dompfaff!

Ihr

Burkhard Meyer.Najda, P.

 

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