Angedacht von Pastor Jens Mahlmann

Nachricht 28. März 2020

SelbstgeSpra(e)chgesell

Von Pastor Jens Mahlmann, Nendorf und Raddestorf

1704 wurde Alexander Selkirk auf der kleinen Isla Más a Tierra ausgesetzt. Vier Jahre und vier Monate verbrachte er dort mit sich allein. Er richtete sich in seiner Einsamkeit ein und traf diverse Vorsorgen für Nahrung und Gesundheit (von Klopapier schweigen die Quellen). Er machte es sich zudem zur Gewohnheit, „an festgesetzten Stunden und Orten Andachstübungen abzuhalten, die er laut verrichtete, um sich die Fähigkeit der Sprache zu erhalten“, berichtete ein Zeitgenosse nach Selkirks Rettung.

In dem morgigen Tagespsalm haben wir es auch mit einem Menschen zu tun, der aus der Einsamkeit heraus klagt. Aus einer besonderen Einsamkeit heraus: „Wann werde ich dahin kommen, dass ich Gottes Angesicht schaue? Daran will ich denken, wie ich einherzog in großer Schar, zu wallen zum Hause Gottes  mit Frohlocken und Danken in der Schar derer, die da feiern.“ Ihm fehlt die Gemeinschaft einer Gottesdienstgemeinde, das gemeinsame Singen und Beten im Haus Gottes. Für das Hören des Bibelwortes und die Predigt, dafür gibt es in unseren vernetzten Zeiten Gott sei Dank Ersatz.

Aber mit dem eigenen Leib und Empfinden in die gemeinsame Feier einbezogen zu sein, das entbehren wir im Augenblick. Durch die eigene Stimme heraus zu treten aus der Verschlossenheit in sich selbst, sie zu mischen mit denen der anderen und sich hörend als Teil der Gemeinde Jesu zu erfahren – das ist uns derzeit genommen. „Dass ich hineingehe zum Altar Gottes und dir Gott auf der Harfe danke!“, danach sehnt sich der Psalmbeter.

Bis es wieder soweit ist, werden wir wie Selkirk unsere eigenen Andachtsübungen pflegen müssen. Gerne auch laut. Denn Sprechen und Singen beziehen den Leib doch ganz anders ein als ein stilles Murmeln in Gedanken. Wer singt, setzt sich zudem nicht dem Verdacht aus, Selbstgespräche zu führen. Singen Sie also, etwa jenes Passionslied Paul Gerhardts von dem Lamm Gottes. Es findet dieses wundervolle tröstliche Wort für das, was uns jetzt zu wissen gut und not tut: Jesus, heißt es dort, sei „in Einsamkeit mein Sprachgesell zu Haus und auch auf Reisen.“

Ihr

Jens Mahlmann, P.

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