Angedacht von Pastorin Angela Thies

Nachricht 05. September 2020

Gott braucht keine Schwimmnudel

Von Pastorin Angela Thies, Steyerberg

Auf dem Weg nach Hamburg zum 50. Geburtstag meiner Freundin Hanna überlege ich mir, wie ich sie angemessen begrüßen kann. Wir sind seit vielen Jahren eng miteinander verbunden und sehen uns nur ein- bis zweimal im Jahr. Wie gelingt da eine Begegnung auf 1,50 m Abstand?

Ich gehöre nicht zu denen, die unbedingt jeden zur Begrüßung mit Küsschen rechts und links in die Arme nehmen muss, um dann den Rest des Tages mit der Parfum- oder Schweißnote des andern durch die Welt zu rennen. Insofern fehlt mir an dieser Stelle nicht unbedingt etwas seit Corona.

Aber es gibt eben doch diese besonderen Situationen, in denen eine Umarmung als das einzig Richtige erscheint, sei es bei einer guten Freundin, oder bei Trauernden am Grab. Alternativlos war es wohl auch für Außenminister Heiko Maas. Bei seinem Besuch in Beirut nach der verheerenden Explosion drehte er sich im Weggehen noch einmal um, um eine junge Libanesin zu umarmen, die ihm die  Reste ihrer Hauses gezeigt hatte.

Wir gewöhnen uns immer mehr daran, den anderen auf Abstand zu halten, auf Bodenmarkierungen zu achten, einen Schritt zurück zu machen. Chinesische Grundschulkinder tragen lustige Hüte mit Abstandshaltern zu zwei Seiten. Auf unseren Schulhöfen haben Kinder eine Schwimmnudel in der Hand, die an den nötigen Abstand erinnern soll.

Gott braucht keine Schwimmnudel. Gott lässt sich nicht vom Mindestabstand beeindrucken. Im Psalm 139 heißt es: „Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir.“ Das ist nah dran. Mehr Nähe geht nicht. Der Vers drückt eine enge Verbundenheit Gottes zu uns aus, die ohne physische Berührung auskommt. Verbundenheit, die ganz am Anfang eines Lebens genauso zählt, wie am Ende und darüber hinaus, was uns das Ende scheint. Das Taufkind, das von mir ohne Berührung das Taufwasser und den Segen bekommt, ist von Gott genauso umgeben, wie die Schulanfängerin, die ihren Segen von ihren Eltern zugesprochen bekommt, oder die Konfirmationsgesellschaft, die darauf hofft, jetzt im September endlich feiern zu können. Die enge Verbundenheit Gottes bleibt auch dort, wo sie uns ganz weit weg zu sein scheint.

In Hamburg angekommen habe ich meine Freundin Hanna nicht umarmt, sondern auf 1,50 m ein kleine Verneigung gemacht, wie ich es mir auch sonst zur Begrüßung angewöhnt habe. Stimmig war es nicht, aber doch deutlich spürbar, dass unsere Verbundenheit nicht auf körperliche Gesten und Grenzen beschränkt ist. Gott sei Dank!

Ihre

Angela Thies, Pn.

 

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