Angedacht von Pastor Dr. Joachim Diestelkamp

Nachricht 14. November 2020

In Gottes Namen?

Von Pastor Dr. Joachim Diestelkamp, Loccum und Wiedensahl

 

Kennen Sie den schon? Hat mir letzte Woche jemand per WhatsApp geschickt: „Als George W. Bush, Barak Obama und Donald Trump gestorben waren, werden sie zu Gottvater geführt. „Woran hast Du geglaubt?“, fragt Gott George Bush. Bush: „Ich habe an die wirtschaftliche Größe Amerikas geglaubt.“ „Gut geantwortet“, sagt Gott. Nimm Platz zu meiner Linken. An wen hast Du geglaubt, Barack Obama?“ Obama: An die Gerechtigkeit und dass den Armen geholfen werden muss.“ Sehr gut, sagt Gott. Nimm Platz zu meiner Rechten. Und Du Donald, woran glaubst Du?“ Trump: „Ich glaube, Du sitzt auf meinem Platz.“

Trifft den Nagel auf den Kopf. Besser kann man Donald Trump kaum charakterisieren. Und weil der Hammer so gut trifft, müssen die meisten von uns herzhaft lachen. Dabei hat der Witz einen toternsten Hintergrund:

Der rechtsextremistische Attentäter von Halle hat sich auf Gottes Platz gesetzt, als er am 9. Oktober vor einem Jahr an Jom Kippur, dem höchsten jüdischen Feiertag versuchte in die Synagoge einzudringen, um die dort Betenden zu ermorden. Genauso verhält es sich mit den Attentätern von Nizza und Wien, die vor kurzem zuschlugen. Sie töteten nicht im Namen Allahs, sondern sie haben den Allmächtigen vom Thron gestoßen. Wer sich anmaßt, Herr über Tod und Leben zu sein, hat sich auf Gottes Platz gesetzt. Nicht anders Haben es Hitler und seine großen und kleinen Schergen getan, als sie ihre Gegner in KZs steckten und dann einen Krieg entfesselten, der im vergangenen Jahrhundert über 70 Millionen Menschen das Leben kostete, als sie in den Vernichtungslagern Ausschwitz und Treblinka und weiteren Lagern über sechs Millionen Menschen industriemäßig ermordeten. Die Liste der Despoten, Autokraten und Tyrannen ist lang. Alles Menschen, die Gott vom Thron gestoßen und sich an Gottes Stelle gesetzt haben.

Das beginnt meist unbemerkt im Kopf mit verächtlichen Gedanken, oder am Computer beim Aufrufen von dubiosen Hass-Webseiten. Es setzt sich fort in unbedachten, erniedrigenden Äußerungen, geht dann über zu offen rassistischen und menschenverachtenden Sprüchen. Bis es dann mündet in häuslicher Gewalt oder Gewalt auf der Straße und dann endet in Morddrohungen und extremistischen Anschlägen.

Morgen ist Volkstrauertag. Ein fast vergessener Feiertag. Offizielle halten offizielle Reden und legen Kränze ab an den Gedenkmahlen für die Opfer der Kriege und Gewaltherrschaft. In diesem Jahr grätscht Corona hinein: an vielen Orten wird darauf verzichtet. Dabei geht der Volkstrauertag uns alle an. Nicht nur die Offiziellen. Ein Tag, der uns mahnt, misstrauisch zu sein gegenüber allen, die sich auf Gottes Platz setzen. Es braucht unseren mutigen Widerspruch und unsere offenen Augen, um denjenigen zu helfen, die sich im Internet oder in dubiosen Gruppen radikalisieren.

Joachim Diestelkamp, Loccum

 

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